
Eine Woche, drei Länder
- Kerstin

- 3. Sept.
- 4 Min. Lesezeit
Nach einem Frühstück an Bord schlendern wir Richtung Altstadt. Mit uns sind unzählige Touristen unterwegs, allerdings hatten wir Schlimmeres erwartet. Die Menschenströme verteilen sich auf den Hafenpromenaden und in den Gassen, und allzu viele Reisegruppen scheinen sich auch nicht in der Stadt zu tummeln. Wir erleben die Einfahrt des grössten Segelschiffes der Welt, einem 5Master, der als Kreuzfahrschiff etwa 250 Passagiere durchs Mittelmeer schippert.

Das Städtchen ist allerliebst mit seinen verwinkelten Gässchen und bunten Häusern. Auf dem Weg zum höchsten Punkt, der Kirche Sv. Eufemia, erleben wir eine spontane Live-Darbietung eines Seemannschores (eine Seefrau war glaub ich auch dabei), die in einem Café sitzen und zu singen beginnen.
Vom Vorplatz der Kirche bestaunen wir die Aussicht, bevor wir uns wieder an den Abstieg machen, vorbei am Stadtstrand und an etlichen Cafés und Bars, Lädchen und Restaurants.



An der Hafenmeile finden wir ein nettes kleines Restaurant, in dem wir unseren Hunger mit einem kleinen Fischgericht stillen.

Den Nachmittag wollen wir am Strand verbringen und stapfen, ausgerüstet mit Hängematte und Badesachen, in Richtung „lonely beach“, der in einem Reiseblog enpfohlen wird. Nach gefühlten 3 km Laufen ist von lonely immer noch nichts zu sehen. In der pinienbewaldeten Bucht drängt sich Liegestuhl an Liegestuhl, Badetuch an Badetuch. Je nach Location kostet die Tagesmiete für 2 Liegen mit Sonnenschirm 160€!! Schliesslich finden wir ein schattiges Plätzchen mit unkompliziertem Einstieg ins Wasser, wo wir einige Zeit chillen und baden können. Auch hier gibt es Glibberquallen!

Unser Abendessen nehmen wir wieder im Städtchen ein. Wir finden eine ansprechende Konoba (ohne Meerblick) mit „Wachkatze“ im Eingang. Die freundliche Bedienung hört sich geduldig unsere Bestellung auf Kroatisch an. Später erstehe ich im Kunsthandwerklädchen nebenan ein Keramikgeschirr mit Meerestiermotiven von einer anscheinend bekannten Keramikkünstlerin. Stephans Begeisterung hält sich in Grenzen, aber ich bin sehr zufrieden.

Unser nächstes Tagesziel heisst Umag. In dem ehemaligen Einklarierungshafen (als HR noch nicht in der EU war) haben wir für eine Nacht reserviert. Die Fahrt entlang der istrischen Küste bietet in dieser Region nicht viele Highlights, aber immerhin segeln wir. Die Marina Umag empfängt uns mit nicht nur freundlichen, sondern auch überaus kompetenten Marineros. Einer kümmert sich um Heckleinen und Murings, der andere fährt mit dem Schlauchboot in die Nähe, um jederzeit „Schubshilfe“ zu geben, falls das Anlegemanöver in die Hose geht. Bei uns klappt selbstverständlich alles wie am Schnürchen, und bald liegen wir fest am Steg zwischen Österreichern und Österreichern. Die Marineros freuen sich über unser Lob und bekommen anschliessend noch allerhand zu tun, da eine Yacht nach der anderen einläuft und das Schlauchboot einiges zum Schubsen bekommt.
Unsere getreue Ruby wird erst einmal ausgiebig geduscht, bevor wir uns auf den langen Marsch zum Waschhäuschen begeben, um Gleiches zu tun. Viele Skipper sitzen auf ihren grösstenteils älteren Booten und grüssen alle freundlich. Sympathisch!
Verpflegung gibt es diesmal aus der Bordküche. Im Cockpit sitzend können wir auf die etwas entfernte Altstadt von Umag schauen. Nach einiger Zeit allerdings nicht mehr. Unsere Gangway zeigt plötzlich auch steil nach oben. Was ist denn hier los? Ja klar, hier im nördlicheren Teil Istriens bekommen wir es mit den Gezeiten zu tun! Als wir nur noch die Mole im Blickfeld haben, kriechen wir in die Koje.

In den letzten Tagen haben wir immer wieder ausführlich die Wind- und Wettervorhersage in unseren diversen Apps verfolgt. Die Lage ist instabil und ändert sich ständig. Für die kommenden Tage werden Regen, Gewitter und Sturm prognostiziert, so dass wir von Umag aus nicht wie ursprünglich geplant direkt nach Italien fahren (angedacht war Grado), sondern noch einen Zwischenstopp in Slowenien einlegen wollen. Die Marina in Izola hat uns bereits Unterschlupf zugesagt. Wir verlassen also Umag und befinden uns nach kurzer Zeit in slowenischen Gewässern. Ich walte also meines Amtes und hisse eine neue Gastlandflagge.

Bei ruhigem Wasser und kaum Welle legen wir in der Bucht von Portorož einen Badestopp ein. Dort habe ich 1973 mal Familienurlaub verbracht!
Ich klassifiziere die Glibberquallen als mutmassliche Meerwalnuss. Diese invasive Art bringt die hiesigen Ökosysteme durcheinander, und ich bin schockiert, wie viele von denen es vor Istrien bereits gibt! Falls es wirklich Meerwalnüsse sind, ganz sicher bin ich nicht.
Wir klettern wieder an Bord, als der Wind auffrischt. Bis kurz vor Izola können wir, vorbei am malerischen Piratenstädtchen Piran, noch herrlich segeln. Die slowenische Küstenlinie bietet mit Hügeln und viel Grün einiges fürs Auge.

Am Nachmittag machen wir dann in Izola fest (tadelloses Manöver!) und erfahren nach wenigen Minuten die ausführlichen Lebensgeschichten sämtlicher Stegnachbarn. Eine österreichische Yacht ist mit mehreren Hochseeaspiranten auf Ausbildungstörn, und neben uns macht der Segellehrer des Hochschulsports München mit seiner Studierenden-Crew fest. Der Rudergänger wird ob seines missglückten Anlegemanövers erstmal lautstark zur Sau gemacht…
Die Marina liegt sehr schön in Sichtweite der pittoresken Altstadt, die wir für ein Abendessen zu erkunden gedenken.

Leider ziehen schwarze Wolken auf, und der Regen lässt nicht lange auf sich warten. Egal, so kommt auch mal die Regenkleidung zum Einsatz. Wir wettern bei Apérol Spritz in einer Bar ab und landen schliesslich in einem Restaurant mit Blick auf viele Schiffe, wo wir uns mit einer Pizza verwöhnen lassen.
Auch den Folgetag verbringen wir aus Wettergründen (Gewitter und Starkwind Richtung Italien) noch in Izola. Die kleine Stadt gefällt uns sehr gut. Es gibt deutlich weniger Touristen als in Rovinj, dafür aber viele schöne Restaurants, in denen man abwechslungsreiche Küche zu moderaten Preisen geniessen kann.

So verlässt Ruby erst am Sonntag Slowenien und erhält auf hoher See die italienische Gastlandflagge. Die Wassertiefe beträgt während der ganzen Überfahrt maximal 20 Meter. Dementsprechend trüb und wenig einladend sieht es aus.
Stephan hatte mittlerweile mehrfach Kontakt mit unserer Destination, der Marina Sant‘Andrea. Dort weiss niemand, dass wir kommen, obwohl ja angeblich alles mit dem Technischen Leiter der Werft abgekaspert war. Der ist aber im Urlaub. Man habe gar keinen Liegeplatz frei, teilt man uns zunächst mit. Doch alle legen sich mächtig für uns ins Zeug, organisieren Liegeplatz, Lageplan und Zugangsbadge, nur Anlegehilfe gebe es voraussichtlich keine. Das macht uns ein klein wenig Bauchschmerzen, da rückwärts Anlegen zwischen Dalben bislang noch nicht zu unserem Repertoire gehört.



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